Kampf ums Überleben
Ich trage dich wie eine Wunde
auf meiner Stirn, die sich nicht schließt.
Sie schmerzt nicht immer und es fließt
das Herz sich nicht draus tot.
Nur manchmal plötzlich bin ich bilnd und spüre Blut im Munde
Gottfried Benn
Am 13.12.2000 ging Carsten zum Arzt, da er keine Luft mehr bekam und kaum noch die Treppe seiner Wohnung schaffte. Der Arzt entdeckte ein Geschwulst in der Brust und überwies ihn sofort ins Krankenhaus. Am 21.12.2000 bekam er das Ergebnis: NON HODKIN LYMPHON (Lymphdrüsenkrebs).
Man sagte uns, dass die Heilungschance recht gut wäre, allerdings würde die Behandlung zirka ein Jahr dauern. Sein Studium könnte er für diese Zeit vergessen. Das hieß also Chemotherapie mit Erholungsphase, Bestrahlungen und Punktionen.
Anfang Januar wurde ein Port implantiert, wobei die Lunge angepiekt wurde, danach leichte Lungenembolie, die ihn ans Bett fesselte. Die erste Therapie begann, er hatte alles recht und schlecht überstanden (siehe dazu auch die eMails an seine Freunde) und konnte dann Anfang März endlich für ein paar Tage nach Hause. Er ging dann täglich zur Bestrahlung ins Krankenhaus.
Die Freude zu Hause war sehr kurz. Ende März hatte er Schmerzen im Rücken und musste zum Notarzt: REZIDIV und erneute Einweisung ins Krankenhaus. Am 7.4. begann erneut Chemotherapie in verstärkter Form. Inzwischen hatten die Ärzte auch beschlossen, eine Stammzellentransplantation durchzuführen und alle Familienmitglieder wurden auf Spendentauglichkeit geprüft. Leider hat niemand aus seiner Familie gepasst und die Suche nach einem Fremdspender begann. Dazwischen ging es Carsten so gut, dass wir ihn für ein paar Stunden aus dem Krankenhaus holten und seinen 28. Geburtstag im Kreise der Familie feiern konnten.
Ab Anfang Mai ging es Carsten sehr schlecht. Er bekam eine Pilzinfektion und konnte die Schmerzen nur mit Morphin ertragen und wurde künstlich ernährt. Er erholte sich wieder und konnte dann Anfang Juni für ein paar Tage nach Hause. Jedoch bekam er wieder Rezidive, so dass man sich entschloss, ihn zur Uni-Klinik nach Frankfurt zu schicken, wo es ein neues Medikament aus den USA gab. So fuhren wir am 28.6. nach Frankfurt, wo wir - seine Freundin Sunni und ich - im Elternhaus für krebskranke Kinder ein Zimmer fanden. Solche Einrichtungen sind ein Segen, denn wir konnten Carsten - wenn er therapiefrei hatte - aus dem heißen 4-Bett-Zimmer herausholen und mit ihm zusammen sein. Danke nochmals für Aufnahme dort.
Leider war auch die Therapie dort ein Misserfolg, denn nach 11 Tagen wurden seine Tumore wieder größer, so dass er am 11.7. wieder ins Krankenhaus nach Hannover zurück gebracht wurde. Sunni und ich trösteten uns gegenseitig. Anschließend erneute Chemo, denn die Stammzellentransplantation war für den 27.7. geplant, doch zuerst mussten sich die Tumore verkleinern. Nach dieser Chemo gingen die Tumore tatsächlich um 50% zurück, so dass er am 20.7. in die MHH zur Stammzellentransplantation verlegt werden konnte.
Erneute Chemo und Ganzkörperbestrahlung und danach am 27.7. bekam er seine neuen Stammzellen.
Die Zeit danach war schlimm (siehe seine eMails).
Endlich konnten wir ihn am 31.8. aus der MHH holen und er war voller Freude und Zuversicht. Obwohl er viele Beschwerden hatte, seine Hände zitterten, seine Füße waren taub, er konnte nachts nicht schlafen, freute er sich über jeden Tag. Er holte sich neue Vorlesungsverzeichnisse aus der Uni, veranstaltete Spieleabende mit seinen Freunden, grillte beim Frisbee-Turnier und spielte sogar selbst etwas Frisbee.
Die schöne Zeit war bald zu Ende. Am 28.9. stellte man bei einer Untersuchung fest, dass seine Thrombozyten zu niedrig waren und man hat ihn gleich im Krankenhaus behalten. Rezidiv oder Infektion, man wusste es nicht. Er bekam bald Fieber und Schmerzen und Mitte Oktober schwollen seine Lymphknoten am Hals und unter den Armen an. Man entnahm ihm dann eine Probe aus dem Konten. Es war kein Rückfall, angeblich das Pfeifferische Drüsenfieber. Er konnte kaum sprechen, wurde künstlich ernährt und bekam Morphin. Am 25.10. hat man ihn dann in ein Schlafkoma versetzt, aus dem er nicht mehr erwachte. Er ist am 8.11. in unseren Armen gestorben.
Carsten hat seinen Kampf verloren.
An dieser Stelle vielen Dank an alle, die uns geholfen haben. Vor allem meiner Schwägerin Renate mit ihrer Famile, die immer da waren. Sunni, die Carsten lange begleitet hat, Petra Neumann von "Wolfsburg hilft", die mir immer geholfen hat, wenn ich am Ende war. Und natürlich danke an all seine Freundinnen und Freunde, die immer für ihn da waren!
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